Trotzdem schlechte Nachrichten für Mieter – Neuer Mietspiegel und neuer Koalitionsvertrag veröffentlicht
Hauseigentümer protestieren gegen die CDU und die Grünen? Tatsächlich will der Vorsitzende der „Eigentümergemeinschaft Haus und Grund“, Anwalt Jürgen Conzelmann (Bild), juristisch gegen eine Vorgabe der Stadtregierung an die ABG-Holding vorgehen. Die größte städtische Wohnungsbaugesellschaft mit 50.000 Wohnungen soll plötzlich dazu beitragen, dass die Mieten nicht explodieren. Jahrelang baut sie teure Eigentums- und Mietwohnungen und nun eine Vorgabe der Stadt, sie solle „bei ihren künftigen Mietpreisen für Wiedervermietungen von Wohnungen im mittleren und niedrigen Preissegment in geeigneten Wohngebieten generell 4% unter dem Mietspiegel bleiben, um eine preisdämpfende Wirkung zu erzielen“ (Koalitionsvertrag Frankfurt 2011).
Die 15.000 Privateigentümer der „Haus und Grund“ sehen ihre Gewinnchancen bedroht. Der Verbandschef ist zornig, dass die Mieten „gedämpft“ werden sollen und die ABG-Holding den „freien Markt“ verfälsche. Ist die Stadtregierung in ihrer Wohnungspolitik plötzlich umgeschwenkt und nimmt auf Mieterinteressen Rücksicht?
Wohl kaum. Im Mai 2011 wurde nicht nur der neue Koalitionsvertrag verabschiedet, sondern auch der neue Mietspiegel. Und der hat es in sich. Der Durchschnittswert der Mieten steigt von 7,45 € auf 7,78 € pro Quadratmeter Kaltmiete. Es wird zwei „City-Lagen“ geben, in denen ein Aufschlag von bis zu 1,87 € pro Quadratmeter zusätzlich möglich sein wird. Zur City-Lage gehören beispielsweise Bockenheim, Nordend und große Teile Sachsenhausens.
Der Mietspiegel ist bei der Mieterhebung nur bedingt bindend. Erst wenn die Miete 50 % über dem Mietspiegel liegt, kann man gegen den Vermieter vorgehen – in einem langen juristischen Verfahren. Dementsprechend liegen die Mieten jetzt schon wesentlich höher. Die durchschnittliche Kaltmiete der Angebote bei Immobilienscout24, dem größten Online-Portal für Mietwohnungen, liegt im Gallusviertel bei 11,52 €, im Dornbusch bei 12,11 € pro Quadratmeter – um nur zwei Beispiele zu nennen.
Mit der Anhebung des Mietspiegels wird der Preisdruck weiter steigen. Die Regierungskoalition wird nicht ganz ignoriert haben, dass schon jetzt ein Drittel der Bevölkerung sich nicht ausreichend mit Wohnraum versorgen kann (FAZ vom 10.09.08) – das sind mehr als 200.000 Menschen. Bei weiter steigenden Mietpreisen wird diese Zahl zunehmen. Die Vorgabe der Stadt an die ABG-Holding ist zwar zu begrüßen, dürfte aber nicht einmal die Mietsteigerungen, die durch den neuen Mietspiegel ausgelöst werden, kompensieren. Sie sind also der berühmte „Tropfen auf den heißen Stein“.
Den Bestrebungen des Hauseigentümer-Verbands sollten wir unseren Protest entgegenstellen und für unsere Interessen, also die der Mieter, öffentlich eintreten. Die Gewinninteressen von 15.000 Hauseigentümern stehen den Lebensinteressen von hunderttausenden Mietern entgegen!
Wir haben den Mietspiegel beim Amt für Wohnungswesen bestellt und wollen ihn dann analysieren. Wir führen mehrere Interviews mit Mitgliedern, die von hohen Mieten, zu kleinen Wohnungen und zu niedrigen Löhnen betroffen sind und werden diese voraussichtlich im Juni veröffentlich. Dann wollen wir mehr Betroffene vor dem Wohnungsamt und den Jobcentern ansprechen. Für eine Kundgebung wären die ABG-Holding und der Eigentümerverband die richtigen Adressen. Weitere Informationen folgen. Wer Interesse hat, in der Arbeitsgruppe „Wohnen“ mitzuarbeiten, kann uns gerne erreichen unter 069-37300389 und info@localhost/volksbildung.